Skip to content
Le Gouvernement du Grand-Duché du Luxembourg

Fünfbrunnen

Willkommen zum virtuellen Rundgang von Fünfbrunnen!

In Fünfbrunnen lebten von 1904 bis zum Jahr 2022 Priester des katholischen Herz-Jesu-Ordens. Diese über hundertjährige Präsenz der Priester erfuhr jedoch während des Zweiten Weltkrieges eine Unterbrechung. Denn in den Jahren 1941 bis 1943 wurde das Klostergelände von den Nationalsozialisten als Internierungsort für die Juden Luxemburgs genutzt. Heute ist Fünfbrunnen ein zentraler Gedenkort für die jüdische Gemeinschaft Luxemburgs und einer der wichtigsten Erinnerungsorte des Landes zur Geschichte der Shoah. 2020 erwarb der Staat das Kloster im Rahmen einer Vereinbarung zwischen der Regierung und der Jüdischen Gemeinde des Großherzogtums Luxemburg über ungelöste Fragen infolge der Enteignungen jüdischen Eigentums während des Zweiten Weltkriegs. Seit 2022 ist Fünfbrunnen ein Erinnerungs- und Bildungszentrum.

Auf diesem virtuellen Rundgang wird die Geschichte des Klosters Fünfbrunnen und des „Jüdischen Altersheimes“ vorgestellt.

„Jüdisches Altersheim Fünfbrunnen“ (1941–1943)

Die deutsche Besetzung und die Einführung einer nationalsozialistischen Zivilverwaltung im Jahre 1940 bedeuten für die Luxemburger Bevölkerung eine radikale Veränderung der Lebensumstände. Während das NS-Regime durch Propaganda und Terror versucht, die katholische Bevölkerung politisch auf seine Seite zu ziehen, beginnt für die Luxemburger Juden eine Zeit der sozialen Ausgrenzung sowie der völligen Entrechtung, die in Ausplünderung, Deportation und systematischer Ermordung gipfelt.

Für die antijüdische Politik in Luxemburg spielt der Ort Fünfbrunnen eine zentrale Rolle. Dort befindet sich ab August 1941 das „Jüdische Altersheim“. Dorthin kommen auf Befehl der Gestapo die Mehrzahl der Juden, die noch in Luxemburg leben, darunter viele Flüchtlinge aus Deutschland und Österreich. In kleinen Gruppen werden die Menschen nach und nach per Bus und Zug in das leerstehende Herz-Jesu-Kloster gebracht. Viele hoffen, dass man dort, vor weiteren Ausschreitungen und Deportationen geschützt, das Kriegsende oder die Auswanderung nach Übersee abwarten könne. Tatsächlich wird das „Jüdische Altersheim“ zu einer Art Sammelplatz für etwa 300 Juden. Vor allem Alte und Kranke – betreut von jüngeren Insassen – leben dort unter menschenunwürdigen Bedingungen. Geleitet wird das „Altersheim“ von Hugo Heumann, einem deutsch-jüdischen Flüchtling. Platzmangel, Hunger und Krankheiten prägen den Alltag. Das „Heim“ liegt zwar etwas entfernt von Ulflingen, seine Existenz wird aber keineswegs geheim gehalten. Im Prinzip hat jeder freien Zugang zum „Altersheim“, da es keinerlei Bewachung gibt. Gestapo und örtliche Nazi-Kollaborateure führen unter den Heimbewohnern gefürchtete Kontrollbesuche durch, die nicht selten mit Schikanen enden.

Nach einer ersten Deportation im Oktober 1941, durch die über 300 Menschen aus ganz Luxemburg in das sogenannte Ghetto Litzmannstadt (im besetzten Polen) verschleppt wurden, nimmt die Gestapo die Transporte im April 1942 wieder auf. Es wird schnell deutlich, dass auch Fünfbrunnen nur eine Zwischenstation auf dem Weg nach Theresienstadt, Izbica und Auschwitz ist.  Mit dem sechsten Transport im April 1943 kommen 88 jüdische Menschen aus dem „Altersheim“ in das deutsche KZ Theresienstadt bei Prag und das „Heim“ wird offiziell aufgelöst. Nach diesem Transport bleiben nur noch Alfred Oppenheimer, Vorsitzender des „jüdischen Ältestenrats“ und seine Familie in Fünfbrunnen. Mit dem siebten und letzten Deportationszug im Juni 1943 werden auch sie in den Osten deportiert. Anschließend steht das Kloster vermutlich bis zur Ardennenoffensive 1944/45 leer. Von den in Fünfbrunnen internierten Juden überleben nur rund 20 die Deportation.

Liebe Familie Entenich,

Ihr werdet sicher denken wir hätten Euch ganz vergessen, weil wir noch nicht geschrieben haben. Doch das tun wir bestimmt nie; auch ist meine Schreibfaulheit nicht schuldig, dass wir bis jetzt noch nichts von uns hören liessen. Die einzige Ursache ist nur, dass ich noch nicht zum schreiben kam. Es ist unglaublich, doch es ist schon so, obwohl ich um 6 (wenn der Zug unten vorbeifährt u. uns weckt) aufstehe u. noch nicht vor 11 Uhr zu Bett kann.

Wir sind wie voraus abgemacht war, zu zweit in den Krankensaal gekommen u. haben uns beide die ersten Tage hier schon so gut erkältet, dass ich mit Schnupfen u. Hals weh davonkam u. die andere seit acht Tagen mit Lungenentzündung zu Bett liegt. Also muss ich allein fertig werden mit den fünf im Krankenzimmer; (eine davon hat auch Lungenentzündung, zwei andere sind teilweise gelähmt.) ohne die vielen andern, die auf ihren Zimmern zu verpflegen sind. Von Zeit für mich zu haben ist nicht zu sprechen doch das ist ganz gut so, dann kommt man wenigstens nicht dazu, über alles nachzugrübeln. – Die liebe Mama liegt noch immer u. hat sich noch gar nicht erholt, sie denkt viel zu viel an Euch alle; auch vermisst sie sehr die stärkenden Bäder. Aber sonst sind wir ganz gut aufgehoben, alle sind hier ganz nett zu uns.

Jeder Mitag denke ich an meine Mirabellen u. ob die wohl jetzt reif sind.

Vorgestern hatten wir Besuch von Möller Jemp‘s Schwager. Er arbeitet viel hier im Haus; an ihn kann man ruhig schicken (z.B. Mirabellen) Breife könnt ihr an uns direkt aufgeben, u. wenn es sein muss, auch an ihn. Es klopft, ich werde zu den Kranken gerufen. Also schliesse ich mit den herzlichsten Grüssen an euch alle

René

Altersheim Fünfbrunnen

Ulflingen

Recht herzliche Grüsse von Mama, sie kann nicht selbst schreiben; es regt sie noch zu sehr auf. Sie weint schon s während ich schreibe.

Grüsst alle unsere guten Freunde besonders noch Germaine, Otti, u. die alle anderen Gosseldinger.